Rezension Em Evol von Anne Steen

Cover
Das Cover ist wunderschön, und nachdem ich jetzt Rosalinds Geschichte kenne, muss ich sagen, es passt einfach perfekt zur Handlung. Der Koffer, den die junge Frau bei sich trägt, das Tagebuch, und die vielen Briefe. Alles spielt eine wichtige Rolle und eine bessere visuelle Umsetzung könnte es für mich nicht geben. Ich habe mich vorab immer gefragt, was „Em Evol“ wohl bedeutet, die Auflösung ist so besonders. Man merkt einfach, dass jedes Detail mit Bedacht ausgewählt wurde. Das Vintage-Design gefällt mir sehr und sticht sofort ins Auge. Ein rundum gelungenes Cover.

Prota
Rosalind Coleman ist zu Beginn erst neun Jahre alt, aber man merkt sofort, dass sie ein außergewöhnliches Mädchen ist. Sie ist so klug, und macht sich Gedanken um Dinge, die andere Mädchen in ihrem Alter gar nicht interessieren würden. Das Glück ihrer Familie hat immer Priorität, ihre eigenen Träume stellt sie hintenan. Zu jener Zeit ist der Weg einer Frau vorbestimmt: heiraten, Kinder kriegen, Hausfrau sein. Aber als Rosalind zur Highschool gehen darf, wird ihr klar, dass sie so nicht leben kann. Sie möchte unabhängig sein, dazu muss sie das ländliche Indiana, ihre geliebte Familie, und den Mann dem ihr Herz für immer gehören wird, verlassen. Sie studiert in San Francisco, und kann endlich ihre Wünsche und Ziele verfolgen. Die Vergangenheit lässt sich aber nicht so leicht abschütteln, das letzte Puzzlestück zum großen Glück ist zum Greifen nah, aber die Enttäuschungen sitzen tief. Manchmal ist es besser zu verzichten, als immer wieder Hoffnungen begraben zu müssen. Oder wird Rosalinds Stärke und Geduld endlich belohnt?

Schreibe & Inhalt
„Em Evol“ ist ein bewegendes Familiendrama, dass in den 40er und 50er Jahren spielt. Deshalb hat die Autorin es auch unter einem neuen Pseudonym veröffentlicht, aber ich muss sagen, die Geschichte ist zu 100 % Annie Stone. Auch ich war skeptisch, ob mir ein historischer Roman gefallen wird, denn „historisch“ klingt für manche doch sehr verstaubt. Aber ich kann alle Zweifler beruhigen, denn die Zeitepoche spielt keine große Rolle. Natürlich hat die Protagonistin mit Problemen zu kämpfen, die wir heutzutage nicht kennen, aber genau das ist ja so spannend. Sichtweisen kennenzulernen, die wir bisher nicht nachvollziehen konnten. Die Ausdrucksweise ist der Zeit angepasst, um diese Geschichte authentisch zu erzählen, aber ansonsten konnte ich keinen Unterschied feststellen. Der Leser bekommt wieder eine gefühlvolle und mitreißende Story mit einer einzigartigen starken Persönlichkeit. Man begleitet Rosalind auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden, dieser Weg ist zur damaligen Zeit für eine Frau besonders steinig, aber dadurch wird das Bild einer Kämpferin perfekt transportiert. Die Liebesgeschichte von Rosalind und William, dem Mann ihrer Schwester, ist nicht immer im Vordergrund, aber dennoch präsent, egal wie viele Meilen zwischen den beiden liegen. Ein Traumpaar, dem man nur alles Glück der Welt wünscht. Ich habe sie so fest in mein Herz geschlossen, wie kein anderes Paar zuvor. Was ich auch wieder ganz großartig finde, ist, dass vorherrschende Vorurteile thematisiert werden. Rassismus und Homosexualität kommen zur Sprache, und hier wird aufgezeigt, dass auch Rosalind nicht perfekt ist, aber aus ihren Fehlern lernt. Ich finde es wichtig solche Vorurteile zu erwähnen, denn die gab es nicht nur damals, sondern leider gibt es sie auch heute noch. Dem ein oder anderen werden so vielleicht die Augen geöffnet. Man kann wirklich sagen, dass dieses Buch sehr lehrreich ist, und das ist einer der Gründe, weshalb ich es so liebe.

Spannungsbogen
Ich habe das Buch in einem Rutsch verschlungen. Man will einfach wissen, ob sich Rosalinds Träume erfüllen. Wird der Kampf und Verzicht irgendwann belohnt? Diese Frage wird nur Stück für Stück beantwortet, erst wird der Leser durch ein riesiges Gefühlschaos geschickt. Es passieren viele unvorhersehbare Dinge, die die Spannung schüren. Die Probleme der 40er und 50er Jahre kennenzulernen, war für mich sehr interessant, deshalb gab es auch keine langweiligen Passagen. Die Liebesgeschichte zwischen Rosalind und William kann man sowieso nur als episch bezeichnen, denn sie ist meiner Meinung nach, schwer zu toppen.

Taschentuchfaktor
Ich habe selten so eine bewegende Geschichte gelesen. Ich kann es schwer in Worte fassen. Manchmal waren es nur feuchte Augen, und manchmal reine Sturzbäche. Das Leid von Rosalind wurde so herzzerreißend und real beschrieben, dass ich dachte, mir selbst passiert das gerade. Ich war völlig am Ende. Es ist unfassbar, wie sehr man sich das Glück für eine Romanheldin wünschen kann. Ich habe wirklich gebetet, dass das alles ein gutes Ende nimmt. Man vergisst einfach, dass es sich um eine fiktive Erzählung handelt.

Erotikfaktor
Das Buch kommt völlig ohne explizite Erotikszenen aus. Ich habe sie in keiner Sekunde vermisst. Es geht vielmehr um zärtliche Berührungen, intensive Blicke und die Zuneigung, die in jeder Geste und in jedem Wort steckt. Die Protagonisten müssen nicht ständig Sex haben, damit ich mir ihrer gegenseitigen Liebe bewusst bin. Die Darstellung ihrer Gefühle ist wunderschön und zeitgemäß, mehr Erotik wäre definitiv fehl am Platz.

Minisnippet
Ich wünschte, ich wäre mutig. Mutig wie Alice Paul, die das Frauenwahlrecht erstritt. Mutig wie Amelia Earhart, die als erste Frau alleine den Atlantik im Flugzeug überquerte. Mutig wie Gertrude Bell, die als erste Frau einen Abschluss in Oxford erlangte und allein durch Arabien reiste. Mutig wie Fanny Bullock Workman, die als erste Frau die Gipfel des Himalayas bestieg.

Sie alle, sie alle sind Vorbilder mit Löwenmut. Und ich? Ich habe nicht mal den Mut einer kleinen Feldmaus, geschweige denn eines Herrschers der Savanne. Ich weiß all das. Ich bete es mir jeden Tag vor und doch komme ich nicht aus dieser Sackgasse heraus, in die ich hinein manövriert wurde. Vielleicht, wenn ich stärker für meine Sache kämpfen würde, vielleicht dann, aber das bin ich nicht. Ich bin nicht die, die sich für sich selbst einsetzt. Ich sollte es sein, das ist mir bewusst. Wenn ich mich nicht für mich einsetze, wird es keiner tun, und dann wird mein Leben für mich entschieden. Es ist schwer, für mich einzutreten, schwer, die Worte zu finden, die mich retten könnten, schwer, unter all den Lagen der Höflichkeit und Nettigkeit und des Anstands und Gehorsams das Flämmchen zu finden, das man braucht, um die Welt aus den Angeln zu heben.

Fazit:
Ein emotionales Familiendrama, in dem eine junge Frau für ihre Unabhängigkeit kämpft, trotz aller Widrigkeiten. Sie gibt niemals auf, geht ihren eigenen Weg, egal was andere sagen oder denken. Es ist eine Geschichte, die inspiriert und zum Nachdenken anregt. Die Message ist: Glaube an dich selbst, und du kannst alles erreichen, was du dir vornimmst! Abgerundet wird diese Selbstfindung mit einer großartigen Liebesgeschichte, die mich vollkommen überwältigt hat. Em Evol muss man gelesen haben! Ich vergebe verdiente 5 Sterne!


„Em Evol“ von Anne Steen 


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