Schreibwettbewerb Oktober Catalina Cudd

Zum Abschluss des Schreibwettbewerbs nun noch die tolle Story von Catalina Cudd. Vielen Dank, liebe Catalina, dass Du in dem Monat die Patenschaft übernommen hast und vielen Dank für Deinen Beitrag zu unserer Aktion.


Nachtgeboren

Wir stolperten zu siebt in die verlassene Kirche, schon reichlich angetrunken. Die Strahlen unserer Taschenlampen enthüllten kahle graue Wände, einen leeren Altarraum und dreckblinde Fenster. Über unseren Köpfen wölbte sich Dunkelheit.

Maggie öffnete kichernd den Rucksack und schüttete den Inhalt auf den dreckigen Steinboden. Eine dicke gelbe Kerze rollte davon. Joe kickte sie ein paarmal durch das leere Gebäude und schrie: »Tor!«, als sie gegen einen Pfeiler knallte.

Ellie zischte: »Nicht so laut!« Vorsichtig zog sie das Buch aus ihrer Umhängetasche und strich mit den Fingern über den brüchigen Ledereinband.

Dana reichte die Weinflasche an mich und ging in die Hocke, um mit Kreide ein riesiges, reichlich krummes Pentagramm mitten in den Raum zu malen. Staub kitzelte meine Nase, die Nacht schmeckte nach feuchtem Stein, von außen drang kein Geräusch durch die dicken Wände. Ich fröstelte und nahm einen langen Schluck, obwohl sich in meinem Kopf alles drehte. Maggie, Linda und Steve pflanzten Kerzen an den Wänden auf. Ein Feuerzeug klickte.

Als sämtliche Dochte entzündet waren, schalteten wir die Taschenlampen aus. Ellie hatte die gelben Stumpenkerzen an die Spitzen des fünfzackigen Sterns platziert. Sie sahen plump aus und rochen unangenehm, aber niemand machte eine Bemerkung darüber, also hielt auch ich meinen Mund. Die Flammen tanzten und erweckten die Schatten in den Ecken zum Leben. Im orangefarbenen Schimmer sah Steves markantes Gesicht noch schöner aus.

Linda versetzte mir einen Rippenstoß. »Starr ihn nicht so an, Frischfleisch. Hast eh keine Chancen.«

Als ob ich das nicht selbst wüsste.

Steve war Mittelpunkt der lässigsten Clique an der Uni und der attraktivste Mann, den ich je gesehen hatte. Ich kam vom Dorf, wo alle Männer mit dem gleichen rotwangigen Quadratschädel ausgestattet sind. Dazu war ich noch Erstsemester; Menschen wie Steve oder Linda nehmen meinesgleichen normalerweise nicht wahr. Meiner Zimmergenossin Dana, Lindas Cousine, war es zu verdanken, dass ich Steve jetzt aus der Nähe anschmachten konnte. Ich gehörte nicht zu ihnen, noch nicht. Die ersten Seminare hatte ich bereits verschlafen und ich gab Geld für Dinge aus, die ich mir nicht leisten konnte. Ihr Lifestyle und ihr Selbstbewusstsein schüchterten mich ein. Aber ich konnte ihm nahe sein.

Linda musterte mich von der Seite. »Die Klamotten, die du trägst, gibt es die auch in schön? Oder trägt man das bei euch beim Stallausmisten?«

Ich sah an mir herab. Nagelneue Jeans, Halbstiefel, mein hübscher neuer Parka. Was stimmte damit nicht?

Mit verächtlichem Auflachen stolzierte sie zu Maggie und tuschelte mit ihr. Ellie öffnete derweil ein Glasfläschchen und träufelte dunkle Tropfen auf den Boden. Sie murmelte vor sich hin.

»Was macht Ellie da?« Dana pflückte mir die Weinflasche aus der Hand und nahm einen langen Schluck.

»Likör vergeuden.« Ich versuchte, nicht ständig zu Steve hinüberzusehen, der sich zwischen Linda und Maggie schob und ihnen die Arme um die Schultern legte. Die Kapuze seiner Jacke verhüllte sein Gesicht, aber ich war überzeugt, dass er grinste. Er hatte das süßeste Grinsen der Welt. Ich hätte es jetzt zu gern gesehen.

»Sie nimmt den Scheiß echt ernst«, murmelte Dana. »Manchmal ist sie total unheimlich.«

Gewaltsam holte ich meine verliebten Gedanken zurück. Ellie schritt um das Pentagramm herum, das geöffnete Buch in der Hand, und las leise daraus vor. Es klang gruselig. Definitiv kein Latein.

»Wo hat sie dieses Buch her?« Keine Ahnung, warum ich flüsterte.

»Flohmarkt. Was weiß ich?« Dana zog die Schultern hoch. »Verdammt kalt hier drin.«

Ein zarter Windhauch strich über mein Gesicht, warm wie eine Berührung. Gänsehaut kroch mein Rückgrat hinauf. Milchiger Dunst stieg aus den Steinfugen.

Joe ließ sich schwer zu Boden plumpsen und zauberte einen Flachmann aus seiner Jacke. »Auf Satans Jünger!« Seine Stimme wurde von den Wänden zurückgeworfen. Die Kerzenflammen loderten hell auf. Joe lachte, es klang erschreckend dünn. »Dauert der Zirkus noch lange, Ellie? Mir ist arschkalt.«

Seltsam, mir wurde von Minute zu Minute wärmer. Ich öffnete den Reißverschluss meines Parkas. Die Flammen der fünf Stumpenkerzen wuchsen schnurgerade in die Höhe, doch alle anderen Lichter flackerten hektisch. Feuchtigkeit hing in meinen Wimpern.

Steves Hand rutschte zu Lindas Brust hinab. Sie schickte einen triumphierenden Blick zu mir herüber, der mich zusammenschrumpfen ließ. Gleichzeitig kämpfte ich gegen die Eifersucht, konnte jedoch nicht wegschauen. Warum tat er das?

»Vergiss ihn ganz schnell«, flüsterte Dana. »Der Arsch treibt es mit jeder. Angeblich macht er dabei sogar Selfies. Für seine Kumpels«

Schockiert starrte ich sie an. Steve? Niemals! Er hatte so schöne braune Augen. Ich war überzeugt, dass er sehr liebevoll sein konnte.

Die Luft über dem Pentagramm geriet in Bewegung. Mir schwindelte und meine Kehle schnürte sich zu. An den Rändern meines Blickfeldes blühte Dunkelheit; Schatten krochen die Wände herab und breiteten sich aus wie Ölpfützen.

»Ellie, ich will jetzt gehen.« Dana trat an die Kreidelinie heran.

»Nicht berühren!« Ellie stellte eine Kupferschale mit trübem Wasser in die Mitte, die Oberfläche zitterte.

»Weißt du überhaupt, was du da tust?«, fragte Joe mit schleppender Stimme.

Ellie ignorierte ihn. Ihre Augen glänzten im Kerzenschein, als sie mit ihrem Gemurmel fortfuhr. Die Kreideumrisse des Fünfzacks verschwammen. Ich blinzelte, doch das Bild blieb unruhig. Aus der Dunkelheit hörte ich Linda kichern, dann das Ratschen eines Reißverschlusses. Ich konnte die beiden nur noch schemenhaft erkennen. Mein Herzschlag beschleunigte sich.

»Mit solchen Sachen sollte man nicht herumspielen.« Dana zog die Schultern hoch. »Ich hau ab. Kommst du mit, Becca?« Bange Hoffnung lag in ihrem Blick. Dabei war Dana die Ältere von uns beiden. Viel abgebrühter, viel erfahrener als ich.

»Ich bleibe«, murmelte ich. Die seltsame Atmosphäre hielt mich gefangen, außerdem wollte ich Steve nicht mit Linda zurücklassen. Albern, ich weiß. Er kannte ja nicht einmal meinen Namen.

Rauchfäden verwirbelten sich über der Wasserschale ineinander, ihr träger Tanz zog mich in ihren Bann. Meine Beinen fühlten sich an, als wären sie mit warmem Blei ausgegossen. Mein Verstand rüttelte an imaginären Gitterstäben und brüllte Verschwinde von hier!, doch ich konnte mich nicht rühren.

»Becca?« Dana stupste mich an. »Alles okay mit dir? Du guckst so komisch.«

Bevor ich antworten konnte, ging ein WHOOOSH! durch das Kirchenschiff. Sämtliche Kerzenflammen wurden niedergedrückt, flackerten … dann richteten sie sich wieder auf. Aus dem Dunkel hörte ich ein erschrecktes Kreischen, dann Maggies Kichern. »Boah, ich dachte …«

»Die besoffene Kuh sieht Geister.« Lindas Spott ging in einen Seufzer über. Ein Schmatzen folgte. »Steve …«

Meine Wangen brannten, als wären sie der Hitze zu nahe gekommen.

»Ich habe ein echt mieses Gefühl«, flüsterte Dana.

»Ich auch«, piepste Maggie. Sie war nicht mehr als ein schwarzer Fleck im dunstigen Dunkel. »Wo seid ihr? Dana?«

»Ich komme zu dir.« Danas Schritte entfernten sich, noch bevor ich reagieren konnte. Der Nebel fühlte sich schwer an, wie ein warmes feuchtes Tuch. Ich wischte mir übers Gesicht.

Jemand anders gesellte sich zu mir, ein hochgewachsener Schemen, der das Licht verschluckte. Er beugte sich zu meinem Ohr. »Hast du Angst?«, raunte er mit einer Stimme, die meine Eingeweide vibrieren ließ. Steve!

Ich hickste zur Antwort und er lachte leise unter der Kapuze.

»Glaubst du an Beschwörungen, kleine Unschuld?«

»Nein«, brachte ich hervor. »Nur … Es ist schon unheimlich.« Ich rechnete mit einer spöttischen Erwiderung.

»Aufregend.« Steves Atem strich über meine Schläfe. Seine Schulter berührte meine.

Dort vorn bewegte sich Ellie – glaubte ich. Die anderen konnte ich nicht ausmachen. Mein Blick wurde magisch von dem Pentagramm angezogen. Die Kreidestriche wirkten unnatürlich hell, als leuchteten sie, und sie schienen sich zu bewegen. »Ich rühre nie wieder einen Tropfen an«, stöhnte ich.

Das Lachen dicht an meiner Wange stellte meine Nackenhärchen auf. Steve hatte ein überraschend tiefes Lachen. »Du bist interessant«, wisperte er. »Ich habe dich beobachtet. Diese Sache macht dich an.«

Ich schüttelte den Kopf. »Nicht mal ansatzweise. Es ist krank.« Er hatte mich beobachtet? Wow.

»Lüg nicht.« Finger strichen mein Haar hinters Ohr, so zart, dass ich es kaum spürte. »Ich werde deinen wunderschönen Hals küssen. Und nicht nur ihn.«

»Du …. was?«, Ich schaffte es endlich, den Kopf zu drehen. Sein Gesicht lag in der Schwärze der Kapuze verborgen, lediglich seine Augen glommen im orangenen Licht der Kerzen. Von seiner Gestalt ging fiebrige Hitze aus. Es war, als stünde man neben einem lodernden Feuer. Er war groß, fiel mir auf. Ein breitschultriger Scherenschnitt, der mich um fast zwei Köpfe überragte. »Bist du gewachsen?«, nuschelte ich.

»Vielleicht«, hauchte er. Seine Lippen … so weich und sanft an meiner Wange.

Ich krampfte meine zitternden Finger in den Saum meiner Jacke. Mir fehlte die Erfahrung mit Männern wie Steve – na gut, mit Männern allgemein. Das diffuse Kribbeln in meinen Eingeweiden mischte sich mit Furcht. »Steve, bitte … nicht hier.«

»Hier oder gar nicht, Unschuld.« Finger krabbelten durch mein Haar, Lippen berührten meinen Nacken. Das Blut in meinen Venen brodelte auf.

»Aber die anderen …«

»Sehen nichts, hören nichts. Es ist ihnen egal.« Die kiesige Stimme penetrierte meine Gehörgänge und echote in meinen Hirnwindungen. Eine Hand legte sich auf meinen Bauch und beschrieb langsame Kreise. Trotz des dicken Pullovers, den ich trug, brannte sich die Berührung in meine Haut. Ein winziger Laut kam über meine Lippen.

»Wen, denkst du, hat sie hierher gerufen?« Seine Gegenwart umzingelte mich förmlich. Groß und hitzig und so kraftvoll. »Einen Toten? Einen Dämon …?«

Ich brauchte einige Augenblicke, bis ich verstand, dass er von Ellies Ritual sprach. »Ich glaube nicht an diesen Unsinn.« Meine Stimme war ein brüchiges Wispern und meine Muskeln verwandelten sich in Wackelpudding. Den attraktiven Steve aus der Distanz anzuhimmeln, war eine Sache, aber ihm plötzlich so nahe zu sein, jagte mir Angst ein. Seine Gegenwart überforderte mich. Er war … anders, als ich gedacht hatte. Überwältigend, bedrohlich.

»Warum bist du dann hier, Unschuld?« Seine Hand wanderte meinen Leib hinauf und hinterließ eine Feuerspur unter meiner Kleidung. Sein Duft – Sandelholz, Rauch und eine Spur Schwefel – kitzelte meine Nase.

»Ich … ich weiß nicht.« Matt ließ ich mich gegen seinen Körper sinken, dann nahm ich allen Mut zusammen. »Wegen dir möglicherweise.«

»Immerhin bist du ehrlich« Er drehte mich herum.

Irgendwo jammerte Maggie: »Können wir jetzt bitte gehen, Leute?«

»Nein. Bleib im Licht!«, bellte Ellie.

»Welches Licht, verdammt? Die Kerzen sind ausgegangen.« Ein Klacken, dann: »Mist! Die Taschenlampe tut’s nicht mehr.«

Jenseits des Pentagramms war Lindas Kichern zu hören, begleitet von einem heiseren »… dich total geil.« Joe findet Linda geil? Ich dachte, er wäre smart.

Ich nahm diese Gesprächsfetzen nur am Rande wahr. Steve hob mein Kinn mit zwei Fingern an und küsste mich. Er. Küsste. Mich.

Und wie er mich küsste! Mit weichen, warmen, unbarmherzig hungrigen Lippen. Seine Zunge wand sich um meine und spielte mit ihr. Ich schmeckte – ich weiß nicht, was ich schmeckte. Es war, als hätte ich etwas Brennendes, betäubend Scharfes in die Kehle bekommen. Ein Stromstoß nach dem anderen raste durch meinen Körper. Ein wildes Pochen erwachte in meinem Unterleib. Ich versuchte, seinen Kuss zu erwidern, aber weder meine Lippen noch meine Zunge wollten gehorchen. Ich wurde von diesem Wahnsinnskuss einfach mitgerissen. Die Zeit strudelte davon, die Dunkelheit um uns herum geriet in Bewegung. Ich klammerte mich an Steve fest, meine Augen suchten seine. Alles, was ich erkennen konnte, waren zwei warm schimmernde Flecken im Schatten der Kapuze.

»Wir werden jetzt gehen.« Seine Rechte wanderte unter meinen Pullover und strich über die nackte Taille. Er presste sein Becken gegen meine Hüfte, hart, pulsierend, fordernd, so ganz anders als das langsame Streicheln. »Komm mit mir, kleine Unschuld.«

Ich wäre zu Boden gegangen, wenn Steve mich nicht festgehalten hätte. Mein Atem kam stoßweise, mein Kopf schien wie mit Watte gefüllt. »Wohin willst du denn?« Himmel, ich hörte mich an wie ein kleines Kind.

Er knabberte sich an meinem Kinn entlang, während die steinharte Beule in seiner Jeans sich regelrecht in mich hineinbohrte.  »Egal wohin«, wisperte er. »Ich will die Welt entdecken. Ich will dich entdecken.«

Etwas stimmte hier nicht. Die Erkenntnis kämpfte sich mühsam ihren Weg durch die Betäubung in meinem Hirn. »Linda hat gesagt, du stehst nicht auf Erstsemester.«

»Linda weiß gar nichts.« Verachtung schwang in den Worten mit. »Ihr alle wisst gar nichts.«

»Steve …«, begann ich, doch seine Lippen verschlossen meinen Mund. Mein Körper wurde nachgiebig unter seinen Händen, seinem Kuss. Seine Erektion schwoll weiter an und ich schnappte nach Luft. Ich konnte nicht sagen, ob das, was mich im Griff hielt, eine verrückte Art von Lust war oder eine unbekannte, archaische Angst. Steve fühlte sich gefährlich an – eine andere Beschreibung fiel mir nicht ein. Er war so groß, so unnachgiebig, so hitzig, als stünde sein Inneres in Flammen. Bisher hatte ich ihn nur als schönen jungen Mann betrachtet, doch hinter seinem Äußeren lauerte ein fremdartiges Wesen. Eines, das sein hungriges Auge auf mich geworfen hatte.

Ein ersticktes Stöhnen kam aus meiner Kehle, als Steve mich rückwärts drängte, Schritt für Schritt fort von den fünf dicken Kerzen, die als einzige eine Ahnung von Licht verbreiteten. Seine Konturen verwischten, obwohl er mir so nahe war. Das Glimmen seiner Augen jedoch wurde stärker. Meine Finger krallten sich in seine Jacke, mein Herz schwoll mit jedem Schlag an, als wolle es bersten. Der Steinboden unter mir schwankte.

Steves Hand glitt an meiner Hüfte herab, während er mich von den anderen fortschob, und zwischen meine Beine. Sie umschloss meinen Venushügel, zwei Finger pressten sich gegen meinen Spalt. Ich taumelte und bekam mehrere Sekunden lang keine Luft. Meine Güte …

»Du willst mich, du willst mich.« Seine kaum hörbaren Worte krochen tief in meinen Verstand, bis ich nichts anderes mehr hörte, nicht einmal meine abgehackten Atemzüge. »Du willst mich.« Ein leichter Druck auf meine Klit, und ich wäre fast zur Decke hinaufgeschossen. Unwillkürlich bewegten sich meine Hüften. Ich glaube, mein Höschen war bereits klatschnass, aber noch immer wurde ich von dieser erschreckenden Betäubung beherrscht.

»He, wo steckt Becca?« Maggies Stimme kam von weit, weit weg. »Becca? Sag etwas!« Klang sie verängstigt? Es war mir egal. Ich schmiegte mein Gesicht an Steves Brust, versuchte, seinem Herzschlag zu lauschen. Da war nichts. Nur diese unnatürliche Hitze, die durch seine Kleidung sickerte. Vielleicht hatte er Fieber. Seine blanke Haut zu berühren, musste sich anfühlen, als stecke man die Finger in ein loderndes Feuer.

Mein Rücken stieß gegen Widerstand. Ein Hauch von Nachtkälte strich über mein Genick. Das alte Kirchenportal stand einen Spalt weit offen, ich tat einen tiefen Atemzug.

»Du willst mich.« Steves leise Stimme war so hypnotisch, so anziehend. »Komm mit mir.«

Tu es nicht!, schreie eine verzweifelte Stimme aus meinem Unterbewusstsein. Ich schaffte es, den Kopf zu bewegen und an Steves Arm vorbei zurück ins Innere zu schauen. Sechs Gestalten bewegten sich wie unter Wasser um das Flackerlicht der Kerzen herum. Kurz tauchten Joes Züge aus dem Dunst auf, dann Danas weit geöffnete Augen. Sie blickte sich hektisch um. »Becca! Verdammt, wo bist du?« Ich glaubte, Maggie zu sehen, die eindringlich auf Ellie einredete. Linda schob die Kapuze des Mannes zurück, mit dem sie herumknutschte, und grub ihre Hände in sein Haar. Steves gekonnt zerzauste Frisur hatte ich schon immer gemocht.

Mein Mund öffnete sich.

Der große Körper vor mir drängte mich durch den Türspalt nach draußen. Keine Sterne am Himmel; die Umgebung war so schwarz, dass ich oben und unten nicht auseinanderhalten konnte. Ich machte einen Schritt rückwärts und wäre beinahe hintenüber die Stufen hinabgestürzt. Der Mann packte mich um die Taille. Er hielt mich sehr fest und das war gut so. Denn als das Kirchenportal krachend ins Schloss fiel, gaben meine Beine endgültig nach. Eine eisige Windböe zauste mein Haar. Das Glühen seiner Augen gewann an Intensität. Orange, sie waren tatsächlich orangefarben.

»Nun bist du mein.« Er schob die Kapuze zurück und lächelte.

 

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