Schreibwettbewerb September Louisa Beele

Zum Abschluss noch die Geschichte von „Louisa Beele“. Vielen Dank liebe Louisa, dass du die Patenschaft für unseren Wettbewerb übernommen hast und vielen Dank für die tolle Story.


Das Beste von allem
Von Louisa Beele

Eilig schlüpfte ich in die Flip-Flops, schnappte mir die Schlüssel sowie Geldbeutel und verließ mein Zimmer. Wie immer musste ich die Tür mit Schwung zuschlagen, denn der Rahmen hatte sich im Laufe der Jahre verzogen und klemmte oft. Wenn ich allerdings drüber nachdachte, war das schon immer so gewesen, zumindest in den vier Jahren, die ich nun Sommer für Sommer herkam.

Eigentlich hätte ich mir ein vernünftiges Zimmer nehmen können, sogar ein Apartment, aber dafür wäre es nötig gewesen, meine Eltern um Geld zu bitten und das war das Letzte, was ich wollte. Nicht, weil sie es mir verwehrt hätten, nein, das ganz sicher nicht. Sie hätten mir mein Leben hier nur zu gerne finanziert, weil sie dann in der Position gewesen wären, mich ständig zu kritisieren und mir vor Augen zu führen, dass ich mein Potential in einer Strandbar verschwendete, anstatt mich darum zu bemühen, Leute aus den – in ihren Augen – richtigen Kreisen kennenzulernen.

Erst als ich mit dem Studium begonnen hatte und dafür in eine Wohngemeinschaft gezogen war, hatte ich entdeckt, wie toll die Freiheit war. Zwar musste ich mich auch dort an Regeln halten und durfte das Lernen nicht vernachlässigen, aber das war kein Problem. Ich war äußerst ehrgeizig und wollte einmal Ärztin werden.

Dann kam der Sommer vor vier Jahren. Der Sommer in dem ich Nikos kennenlernte, in seiner Strandbar arbeitete, und wegen dem ich jedes Jahr wieder hierher, nach Kreta, zurückkehrte.

Ich hatte mich vom ersten Moment an in ihn verliebt, dabei glaubte ich an sowas wie Liebe an den ersten Blick eigentlich überhaupt nicht. Viel eher war es so gewesen, dass wir uns sofort gut verstanden hatten. Wir befanden uns auf einer Wellenlänge, vertraten in vielen Bereichen die gleichen Ansichten und hatten den gleichen Geschmack. Stundenlanges Reden war zwischen uns an der Tagesordnung und als der Abschied nach sechs Wochen kam, wusste ich auf einmal, er würde mir an jedem einzelnen Tag, den ich ihn nicht sehen würde, unglaublich fehlen.

Ein Jahr hatten wir den Kontakt aufrechterhalten und waren über Facebook und andere soziale Netzwerke in Verbindung geblieben. Als es wieder Juli wurde, setzte ich mich in den Flieger und arbeitete in seiner Strandbar, um mein Taschengeld aufzubessern. Und das seither jeden weiteren Sommer.

Bereits als ich den Weg herunterkam, der mich zur Bar führte, sah ich Nikos an einen Holzpfeiler gelehnt, mit Elena flirten. Ich verdrehte die Augen und Eifersucht schoss mir durch den Körper.

Elena war neu hier. Sie arbeitete seit drei Tagen für Nikos und ließ nichts unversucht, sich an ihn ranzuschmeißen. Meine Brust zog sich schmerzhaft zusammen, als ich nun beobachten konnte, dass sie damit offensichtlich Erfolg hatte. Die beiden standen näher beieinander, wie sich das gehörte, wenn man lediglich Arbeitgeber und Angestellte war. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie bereits Sex gehabt hatten.

»Da bist du ja, Süße.« Nikos schwarze Augen hatten sich auf mich gerichtet und er lächelte, eine Hand lag ganz beiläufig auf Elenas Rücken.

Meine Schultern hoben sich. »Du hast mich immerhin für die Spätschicht eingeteilt und die beginnt jetzt.«

Auffordernd blickte ich zu Elena, in der Hoffnung, sie würde verschwinden, doch Nikos belehrte mich eines Besseren.

»Du teilst dir die Schicht mit Elena. Sie ist ja noch neu und es wäre schön, wenn du sie weiterhin ein wenig einarbeiten könntest.«

Das ist nicht dein Ernst! Warum tust du mir das an?

»Sie kann doch längst alles. Was soll ich ihr noch beibringen?«

Ihr albernes Gekicher ging mir auf die Nerven und sie fing auch jetzt schon wieder damit an.

»Du bist meine beste Mitarbeiterin«, erinnerte mich Nikos.

»Saisonmitarbeiterin«, verbesserte ich ihn.

»Na gut, von mir aus. Trotzdem arbeitest du schon lange hier und kennst dich aus. Sie hat mich darum gebeten. Du willst es ihr doch nicht abschlagen, oder?«

Ach, sie hatte ihn darum gebeten! Das war ja Klasse. Warum arbeitete er sie dann nicht selbst ein? Halt! Moment!

»Okay, ich mach’s«, gab ich nach. Wenn ich in der Nähe war, hielten sich die beiden vielleicht ein wenig zurück.

»Lass uns schauen, ob die Zutaten für die Cocktails noch ausreichend vorhanden sind«, schlug ich an Elena gewandt vor.

Sie folgte mir und gemeinsam schrieben wir eine Liste. Ich wollte sie so viel fragen, am liebsten, wann sie wieder abreisen würde, aber ich blieb stumm und besprach nur das Nötigste mit ihr.

Wenig später standen wir mit Nikos hinter der Bar. Der Strand hatte sich gefüllt und jetzt, wo die Familien bereits schon wieder aufbrachen, um sich vor dem Abendessen noch ein wenig auf ihren Hotelzimmern auszuruhen, war die Zeit für junge Leute und Paare. Die Bar war ein angesagter Treffpunkt, nicht nur für Touristen. Auch Einheimische traf man immer wieder hier an, einige von ihnen sogar Stammkunden.

Um diese Zeit war viel zu tun und gab nur selten Gelegenheit für ein persönliches Gespräch. Umso mehr verletzte es mich, dass Nikos offenbar dennoch Gelegenheit fand, Elena an den Hintern zu greifen, oder sich, als er an ihr vorbeiging, an sie zu drängen. Was er sagte, verstand ich nicht, doch sie kicherte und war knallrot geworden.

Als er mir einen Blick zuwarf, schaute ich schnell weg, darauf bedacht, dass meine Miene nicht widerspiegelte, wie es in mir gerade aussah.

Es verletzte mich, ihn so zu sehen und das Schlimme war, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich an der Situation etwas ändern sollte. Elena war nicht das erste Mädchen, dass sich von ihm um den Finger wickeln ließ. Sie kamen und gingen, nie war eine länger als ein paar Wochen geblieben, doch das änderte nichts daran, dass es mir wehtat, dabei zuzusehen, wie er mit ihnen rummachte.

Überraschenderweise wurde Elena zu ihrem Feierabend um Mitternacht von ein paar Freundinnen abgeholt. Erleichtert atmete ich auf. Sie ging also nicht mit Nikos nach Hause.

»Und du? Was ist mit dir?«, fragte er und stieß seinen Ellenbogen leicht zwischen meine Rippen.

Ich zuckte zusammen, weil ich ihn nicht hatte näherkommen hören. »Was soll mit mir sein?«

»Hast du noch was vor heute Abend?«

»Was soll ich schon vorhaben«, antwortete ich gelangweilt. »Der Abend ist rum, mein Bett wartet.«

»Ich bin noch so aufgekratzt und habe überlegt, die Jungs zu fragen, ob sie mit mir ein Bier trinken gehen.«

»Dann mach das doch«, sagte ich lahm. Wie immer hätte ich mir am liebsten selbst eine reingehauen, denn warum fragte ich ihn nicht einfach, ob er stattdessen mit mir das Bier trinken wollte. Aber dazu war ich natürlich zu feige.

»Jaaa, ich weiß nicht«, sagte er gedehnt. »Vielleicht ist das doch keine so gute Idee. Die meisten müssen morgen früh raus und haben sicher kein Interesse, jetzt nochmal loszugehen. Schließlich ist kein Wochenende.«

Gespielt gleichgültig hob ich die Schultern. »Da könntest du recht haben. Wie auch immer …« Ich machte Anstalten mich zu verabschieden.

»Hast du vielleicht Lust?«, fragte er nun und ich starrte ihn überrascht an.

»Ich weiß nicht, eigentlich ist mir eher nicht nach dem Krach einer Kneipe.«

»Wirst du alt?«, fragte er grinsend.

»Nein, überhaupt nicht. Aber nach so einer langen Schicht sehne ich mich ehrlich gesagt nach ein wenig Ruhe.«

»Okay, du hast recht. Ich glaube, ich habe noch eine viel bessere Idee.«

Ich wollte schon ablehnen, als mir einfiel, dass ich ihn schon längst darum bitten wollte, dass er mir die Frühschicht gab. Ich konnte nicht länger Zeuge sein, wenn er seine nächste Eroberung klarmachte und mittlerweile spielte ich mit dem Gedanken, im nächsten Jahr nicht mehr herzukommen. Zwar brach mir diese Aussicht fast das Herz, aber ihn so zu sehen, mit all den anderen, tat mir das Gleiche an. Es hatte einfach keinen Sinn. Ich würde mich niemals trauen, ihn über meine Gefühle aufzuklären. Die Gelegenheit hatte ich verpasst, als wir uns vor vier Jahren angefreundet hatten. Wir waren Kumpel, sonst nichts. Vielleicht wäre heute die Gelegenheit zu einem ersten Schritt, wenn er mir die Frühschicht gab. Dann musste ich ihn nicht ständig sehen und seine zahlreichen Eroberungen erst recht nicht.«

»Was hast du für eine Idee?“, wollte ich wissen.

»Sage ich nicht. Ist eine Überraschung.« Er nahm meine Hand und zog mich hinter sich her. Als er abschloss, wartete ich auf ihn und folgte ihm, als er dann den Parkplatz ansteuerte.

»Wir nehmen dein Auto?«

»Jepp.Wir brauchen es.«
»Wir brauchen es? Ist es denn so weit?«

»Nein, eigentlich nicht. Zu Fuß nur etwa zehn Minuten.«

»Dann lass uns doch zu Fuß gehen. Die Luft ist so schön heute Abend.«

»Das geht leider nicht. Bedaure.« Sein Grinsen wirkte schelmisch und er schien beinahe ein wenig aufgeregt.

Also ließ ich mich von ihm zu seinem Wagen führen. Er hielt mir sogar die Tür auf und ich sah ihn verwundert an. Als er das bemerkte, hob er beinahe entschuldigend die Schultern.

»Was denn? Wenn ich mit einer schönen Frau unterwegs bin, kann ich mich durchaus benehmen.«
»Woher soll ich das wissen? Wir sind noch nie zusammen ausgegangen.«

Er setzte sich auf seinen Sitz, schlug die Tür zu und drehte sich mir zu. »Du hast recht«, sagte er nachdenklich. »Eigentlich eine Schande. Ich meine … wir kennen uns jetzt … wie lange?«

»Vier Jahre«, seufzte ich. Er wusste nicht einmal, wie lange wir uns kannten. Das war doch erbärmlich. Ich war erbärmlich.

»Ja, genau. Vier Jahre. Und wir sind nie zusammen weggegangen. Warum nicht, Julia?«

»Was fragst du mich? Ich schätze, du warst immer zu beschäftigt, mit anderen auszugehen.« Spätestens jetzt sollte ich unbedingt meine Klappe halten, sonst würde das hier in einer überaus peinlichen Aktion enden. Ich sollte die Zeit genießen, denn vielleicht wäre das die letzte Gelegenheit, mit ihm allein zu sein.

Wir fuhren wirklich nur ein paar Minuten die gewundene Straße bergauf. Ich fragte mich, was er vorhatte, denn soweit ich wusste, gab es hier rein garnichts, wo man hingehen konnte, um gemütlich ein Glas Wein zu trinken.

In einer Kurve bog er ab und fuhr über den unbeleuchteten Parkplatz bis zu der Stelle, wo es steil bergab ging. Zu unseren Füßen war der Strand und irgendwo da unten auch Nikos Bar. Man konnte von hier die Aussicht auf einen großen Teil der Insel genießen, allerdings war ich noch nie abends oder nachts hier gewesen, wenn außer unzähligen Lichtern nichts weiter zu erkennen war.

Nikos stellte den Motor ab und schaltete die Scheinwerfer aus. Es war ein merkwürdiges Gefühl in der Dunkelheit neben ihm zu sitzen, fühlte sich ungewohnt intim an und ich bemerkte ein Flattern in meiner Magengegend als ich ihn fragend ansah.

Sein Blick lag auf mir, ich konnte das Funkeln seiner dunklen Augen sogar jetzt erkennen. Er hatte den Kopf leicht schiefgelegt und beugte sich mir wenige Zentimeter entgegen. Mein Herz hämmerte wild in meiner Brust und nervös spielte ich mit dem Henkel meiner Tasche.

»Lass uns aussteigen«, sagte er sanft und seine Stimme trieb mir eine Gänsehaut über die Arme.

Auf einmal war ich furchtbar nervös. Was hatte er nur vor?

Ich nickte nur, obwohl er das wahrscheinlich sowieso nicht erkennen konnte, denn er hatte bereits die Tür geöffnet, war ausgestiegen und kam ums Auto herum an meine Seite, um nun auch meine zu öffnen. Ich stieg aus und schenkte ihm ein verunglücktes Lächeln. Wo war meine schlagfertige Art, auf die ich in allen Bereichen des Lebens zurückgreifen konnte? Hier ging es um Nikos. So lange wir unsere Späße machten oder uns über die Arbeit unterhielten, war alles in Ordnung. Doch diese Zweisamkeit hier in der Dunkelheit brachte mich durcheinander, auch wenn das alles war, was ich jemals gewollt hatte.

Dennoch war das kein Grund, verrückt zu spielen. Ich interpretierte in diese Situation viel mehr als nötig.

Mittlerweile stand er vor dem Auto und ich folgte ihm. Sein Blick glitt über die Insel, auf die wir einen wunderschönen Ausblick hatten. Tausende von Lichtern leuchteten an der Küste entlang, wie unzählige funkelnde Diamanten. Zum Landesinneren hin, wurden sie immer weniger und schließlich traten sie nur noch vereinzelt auf. Es war wunderschön.

»Wow!«, sagte ich.

Er drehte sich zu mir. Den Kopf leicht schief gelegt, schenkte er mir ein Wahnsinnslächeln. »Ja, oder? Ich komme oft hierher, wenn ich ein bisschen Abstand zu all dem Trubel brauche.«

Mit zwei Schritten war er neben mir und schwang sich auf die Motorhaube. Erstaunt beobachtete ich ihn, wie er sich zurückfallen ließ und nun in den Himmel starrte.

»Was soll das werden, wenn es fertig ist?«, fragte ich misstrauisch.

»Hey, nicht so skeptisch. Versuch es auch mal.« Auffordernd klopfte er mit der flachen Hand neben sich und wackelte mit den Augenbrauen.

»Was? Ich soll auch da rauf?«

»Klar, warum denn nicht. Komm schon … bitte!«

O Gott, wenn er mich mit seiner schönen tiefen, im Moment ganz sanften Stimme so bat, würde ich sowieso alles tun, was er von mir verlangte, also hüpfte ich neben ihn.

»Und jetzt?«, wollte ich wissen.

»Jetzt legst du dich auf den Rücken und genießt den grandiosen Ausblick.«

Er lag bereits und ich rutschte noch ein wenig höher und platzierte mich neben ihn.

»Das ist einfach unglaublich«, staunte ich.

»Ja, das ist es. Nichts ist vergleichbar, mit so einem Nachthimmel, der voller Sterne ist.«

»Es sieht aus, wie viele kleine Löcher in einem dunklen Samtvorhang. Und dahinter erwartet uns etwas Großes und Einmaliges.«

»Ich bin mir ganz sicher, dass es genauso ist. All die Wünsche und Träume, die man in den Himmel schickt, die müssen doch irgendwo sein.« Er hob den Arm und streckte den Zeigefinger aus. »Ich denke, da sind sie.«

Ich drehte meinen Kopf und starrte ihn an. Er sah immer noch nach oben, hatte dieses leichte Lächeln in den Mundwinkeln. »Ich wusste gar nicht, dass du so romantisch bist.«

»Ja … es gibt viel, was du über mich nicht weißt.«

»Hör mal, ich wollte sowieso mit dir sprechen, also trifft es sich ganz gut, dass wir jetzt hier zusammen liegen. Also nicht liegen, ich meine, natürlich liegen wir, aber was ich sagen will, ist, dass es gut ist, dass wir mal ein paar Minuten miteinander reden können.« Ich räusperte mich. »Wäre es vielleicht möglich, dass du mir die Frühschicht gibst? Ich möchte die Spätschicht nicht mehr. Und es wäre toll, wenn das klar geht.« Puh, ich hatte es ausgesprochen.

Nikos schien überrascht. »Du möchtest die Spätschicht nicht mehr? Die hattest du immer und ich habe sie immer für dich eingeplant. Früh brauche ich nicht so viel Personal und du kennst dich aus, das schafft nicht jeder auf Anhieb.«

»Du arbeitest doch gerade Elena ein«, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen. »Und es gibt ja auch noch ein paar andere.

»Was ist das wirkliche Problem?« Er hatte sich aufgerichtet und auf den Unterarm abgestützt und sah auf mich herab. Was für ein seltsames Gefühl, aber ich musste es jetzt aussprechen, sonst würde ich das niemals schaffen.

»Ich habe die Nase voll davon, dich ständig mit den Neuen flirten zu sehen. Sie laufen dir wie Hühner nach und du genießt das in vollen Zügen. Es ist in Ordnung, mach was du willst und nimm sie mit nach Hause. Aber ich möchte nicht mehr dabei zuschauen, okay?« Ich verschränkte schützend die Arme vor der Brust und starrte geradewegs nach oben in den Sternenhimmel. In Gedanken sah ich mich gerade meinen Koffer packen. Ob ich den Rückflug wohl umbuchen konnte, und würde ich morgen noch einen bekommen?

Ich registrierte, dass er mich minutenlang anstarrte, dann rückte er ein wenig näher und ich hielt die Luft an.

»Mir war nie klar, dass dich das stört, oder dass es dir überhaupt auffällt.«
»Wie bitte? Wie sollte mir das nicht auffallen. Ich stolpere ja beinahe ständig über dich und … deine aktuelle Flamme, wenn ihr miteinander rummacht. Wie würdest du es finden, wenn ich mit einem von der Surfschule, natürlich im ständigen Wechsel, Rumknutsche und dir dabei ständig den Weg versperre?«

Er schnaufte. »Ich würde es hassen und ihnen Hausverbot erteilen.«

Jetzt musste ich lachen. »So drastisch?«

»Ja, so drastisch. Jeder, der versucht, sich an dich ranzumachen, muss an mir vorbei.«

»So ein Blödsinn.«

Nikos ließ sich wieder zurücksinken, so dass wir nebeneinander lagen. Viel dichter als gerade eben, dann rollte er sich auf die Seite.

»Nein, das ist kein Blödsinn. Ich weiß nicht, warum ich mit den ganzen Mädchen flirte, aber mehr läuft da nie, das musst du mir glauben.«
Ich spürte seinen Atem an meinem Ohr kitzeln und drehte den Kopf. »Du schläfst nicht mit ihnen?«

»Nein!«, rief er empört. Dann sprach er leiser weiter. »Eigentlich wollte ich damit immer nur die Eine aus der Reserve locken.

»Die Eine?«, fragte ich atemlos.

»Die Eine, die mich einfach nicht zu wollen scheint, obwohl sie immer wieder herkommt. Die eine, die ich vermisse, wenn ich sie monatelang nicht sehen kann.« Er fuhr sich durch die schwarzen Haare. »Die Eine, in die ich mich bereits vor vier Jahren verliebt habe, aber die mich mit ihrer Klugheit und ihrer Schlagfertigkeit immer wieder zweifeln lässt, dass ich gut genug für sie bin. Die Eine, die ich einfach nicht vergessen kann.«

Ich war sprachlos und konnte ihn nur anstarren. Doch ich hatte mich nicht verhört. Sein Blick streichelte mich und langsam senkte sich sein Kopf.

Kurz bevor seine Lippen auf meinem Mund lagen, hielt er inne und entfernte sich wieder ein wenig. »Du kannst jede Schicht haben, die du möchtest, aber bitte, sag mir, dass ich es nicht versaut habe und ich dir nicht egal bin.«

Zögernd hob ich meine Hand an seine Wange. Die kurzen Stoppeln kratzen an meiner Haut. Ich schob die Finger in seinen Nacken und zog seinen Kopf näher zu mir.

»Du warst mir nie egal, Nikos. Ich habe mich bereits vor vier Jahren in dich verliebt.« Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, doch er hatte mich verstanden. Erleichtert schloss er seine Augen und legte seine Stirn an meine.

»Wir werden keine Zeit mehr verschwenden. Ich möchte mit dir zusammensein, Julia. Ich liebe dich.«

»Und ich liebe dich.«

Und zum ersten Mal berührten sich unsere Lippen. Wir hatten vieles miteinander erlebt. Zusammen gelacht und sogar geweint. Hatten verrückte Dinge getan und Nächte durchgequatscht. Aber das Beste von allem war dieser erste Kuss.

Ende

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